Begehrte Schweizer Bio-Öle: Rapsöl, Sonnenblumenöl und Genussöle im Fokus

05. August 2021

Öl war lange Zeit eine unsichtbare Zutat in Schweizer Gerichten – es war da, aber oft ohne Eigengeschmack. Mit dem Olivenöl-Boom Ende des letzten Jahrhunderts ging es dann plötzlich um Geschmack, um Nuancen, um Qualität, ein neues Öl-Bewusstsein ist entstanden. Ein Glück, dass sich das Angebot an heimischen Ölen komplett gewandelt hat. Denn: Auch in der Schweiz werden heute hochwertige Öle gepresst. Und: Seit einigen Jahren gibt es sogar einheimische kaltgepresste Brat- und Frittieröle aus Raps oder Sonnenblumen.

Warum wurde Olivenöl so populär?
Es erinnert an den Süden, an Ferien, an Meer. Das ist wohl mit ein Grund, dass Olivenöl auch bei uns so begehrt wurde. Natürlich war auch der Geschmack entscheidend und der Absatz des Olivenöls wuchs mit der zunehmenden Beliebtheit der italienischen Küche in der Schweiz. Eine wichtige Rolle spielt aber auch die Gesundheit. Denn: Olivenöl enthält viele ungesättigten Fettsäuren und wurde deshalb von Ernährungsexperten aktiv empfohlen. Die Schweizer Öle gingen in dieser Diskussion fast unter, beziehungsweise sie spielten eine Nebenrolle.

Kaltgepresste Öle und Schweizer Speiseöle in Genusskreisen
Dank viel Bewegung in der Schweizer Landwirtschaft und bei Verarbeitern hat sich die Schweizer Öllandschaft in den letzten Jahren komplett gewandelt: Kaltgepresste Öle, verschiedene Sorten, Bio-Qualität und Kleinstverarbeiter sorgen dafür, dass einheimische Öle nicht mehr nur eine unsichtbare Nebenrolle spielen. In der Alltagsküche trifft man vor allem Sonnenblumen- oder Rapsöl an – früher waren sie raffiniert, heute sind sie oft kaltgepresst. «Beide Öle werden beispielsweise für Salatsauce und andere Gerichte der kalten Küche verwendet», sagt Doris Friedli von Biofarm. Sie erzählt auch, dass während der Corona-Zeit der Absatz der einheimischen Öle stark gestiegen ist. Übrigens: Auch Schweizer Öle, beispielsweise das Rapsöl, haben, wenn sie kaltgepresst sind, einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Branchenkennerin Doris Friedli führt aus: «Kaltgepresste Öle werden mechanisch gepresst, gefiltert oder sedimentiert und danach abgefüllt. Geschmack, Geruch, Farbe und gesunde Inhaltsstoffe bleiben dadurch erhalten.»

Welches Öl für welche Speise?
Werden Öle kaltgepresst, so haben sie natürlich viel mehr Eigengeschmack, als wenn sie raffiniert werden. Oft sind Öle auch Gewöhnungssache. Christine Brugger, Sensorikerin, erklärt, dass man generell beim Essen Dinge, die man nicht kennt, oft erst mal auch nicht unbedingt mag. Probiere man sie aber mehrmals, so könne man sich auch daran gewöhnen und sogar Gefallen an ihnen finden. «Man spricht in Fachkreisen von Repeated Exposure», sagt die Expertin. «Aktuell geht man davon aus, dass man etwa acht Mal etwas probieren muss, damit dieser Effekt wirksam werden kann.» Das gelte sicher auch für Öle, beispielsweise, wenn man sie in Salatsaucen gebe.

Wozu welches Öl passt, kann man nicht generell sagen, da spielen eben auch persönliche Vorlieben und Gewohnheiten eine grosse Rolle. Aber, so die Sensorikexpertin, können Öle jeweils Speisen ergänzen mit ähnlichem Aromenspektrum. Will heissen: Ein Rapsöl – Raps zählt zur Kohlfamilie – kann beispielsweise wunderbar für Kohlsalat eingesetzt werden. Oder ein Haselnussöl für einen Kuchen anstelle von Butter.

Gibt es auch Schweizer Öl zum Frittieren?
Noch wenig bekannt ist, dass mittlerweile auch hochwertiges, kaltgepresstes einheimisches Bratöl existiert. Verwendete man früher beim heiss Anbraten und Frittieren oft Erdnussöl, so darf man heute auch zu Sonnenblumen- oder Rapsölen greifen – allerdings nur, wenn sie aus speziell dafür gezüchteten Sorten hergestellt sind. Bei den Sonnenblumen spricht man von HO, beim Raps von HOLL. HO steht für High Oleic, was bedeutet, dass der Gehalt an Ölsäure, einer einfach ungesättigten Fettsäure, hoch ist. Das zusätzliche LL beim Raps steht für Low Linoleic. Diese Rapssorten wurden so gezüchtet, dass der Gehalt an Linolensäure tief ist. Das deshalb, weil sich hoch erhitzte Linolensäure, in Transfettsäure verwandelt. Diese gilt als kanzerogen und sollte unbedingt vermieden werden.

Bei Biofarm hat man das HO-Sonnenblumenöl schon einige Jahre im Sportiment, das HOLL-Rapsöl erst seit letztem Jahr und es war schnell ausverkauft. «Dieses Jahr machen bereits mehr Bauern mit und die Menge wird grösser werden», erklärt Hans-Georg Kessler, Leiter Abteilung Landwirtschaft bei Biofarm. Er weiss auch, dass in Sachen Saatgut für Bio-Öle einiges in Bewegung ist. Denn: Bislang sind oft nur hybride Sorten erhältlich, die von den Bauern nicht selber vermehrt werden können. Aktuell arbeitet aber die Firma Sativa an neuen, vermehrbaren Züchtungen, sodass dann auch mehr Bio-Saatgut aus einheimischer Produktion verfügbar sein wird.

Genuss- und Gesundheitsöle: Kürbis, Leindotter, Hanf

Die Vielfalt bei den heimischen Speiseölen in Bio-Qualitat wird immer grösser: Aprikosenkernöl, Mohnöl oder Nachtkerzensamenöl sind nur einige der heute erhältlichen Öle. Oft werden sie in kleinen Gütterli verkauft und man nutzt sie beispielsweise, um ein Gericht abzuschmecken oder zu ergänzen. Weil die Öle heute so hochwertig und frisch sind, lassen sie sich auch bestens in süssen Speisen einsetzen. Fast schon ein Klassiker ist beispielsweise Vanilleeis mit ein wenig Kürbiskernöl als Topping. Dieses ist als Genussöl seit Längerem beliebt. Wurde es früher vor allem aus Österreich importiert, so gibt es mittlerweile auch Schweizer Bauern, die den Öl-Kürbis anpflanzen.

Hanföl
Viel gelesen hat man auch über Hanföl. Hanf ist als Kulturpflanze in der Schweiz wieder verbreitet, allerdings sind nur Sorten erlaubt, denen der halluzinogene Wirkstoff im Hanf, das THC, weggezüchtet worden ist. Das Öl wird aus den Samen gepresst. Manche schwören auf den gesundheitlichen Aspekt – ausgewogenes Verhältnis von Omega-3- und Omega-6 Fettsäuren – und konsumieren täglich einen Esslöffel Hanföl zum Frühstück.

Leindotteröl
Von sich reden gemacht hat in den letzten Jahren auch das Leindotteröl. Leindotter ist eine alte Ölsaat, die zunehmend wieder angebaut wird. Vor allem in der Westschweiz kennt man das Öl als Cameline-Öl, in der Deutschschweiz ist es noch weniger bekannt, wie Doris Friedli, Ölexpertin bei Biofarm weiss. «Es hat einen hohen Omega-3-Fettseäuregehalt und das Aroma erinnert an Gemüse, Kräuter und Erbsen.»

Profi-Tipp zum Gebrauch und der Lagerung von Speise-Ölen
Wer nun gern verschiedene Öle probieren möchte, sollte beachten, dass sie nicht endlos haltbar sind, vor allem, wenn sie eben nicht raffiniert werden. Spezialitätenöle, die man über längere Zeit geniesst, halten sich länger, wenn sie im Kühlschrank aufbewahrt werden. «Leinöl kann aufgrund des niedrigen Schmelzpunktes sogar im Gefrierfach gelagert werden,

Wann verwende ich welches Öl?

Redaktion: Esther Kern, Food Scout und Autorin, Bilder: Depositphoto und unsplash

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