Honigduft in der Nase, Summen im Ohr

09. August 2021

Honig ist wie flüssiges Gold: Von hell bis dunkel, vor allem aber süss und lecker. Doch auch hier gibt es Unterschiede. Bio-Imker Martin Hunzinger hat für die herausragende Qualität seines Honigs die Bio Gourmet Knospe erhalten. Er ist Berufsimker aus Leidenschaft und gibt uns einen Einblick in die Arbeit. Was unterscheidet Honig von Bio-Honig und welche Art der Kommunikation pflegt er mit den Tieren? Ausserdem zeigt er die eigene Königinnenaufzucht.

In Finsterhennen im Kanton Bern wurde im vergangenen Jahr kräftig gebaut. Nun steht es, das «Honiggebäude» der Familie Hunzinger. Hier dreht sich alles um den Honig: Vorne Hofladen mit Honigspezialitäten, Bienenwachskerzen und Seifen, Honigschleuder, Verpackungsstation und Lager bei -20 Grad hinten. «Honig gefriert erst bei -40 Grad», so Bio-Imker Martin Hunzinger, bei -20°C  liesse sich Honig optimal lagern. Draussen treffen wir bereits die ersten Bienen, es summt und brummt.

Bienenkönigin und Volk: Kommunikation und Beobachtung
Hinter dem Gebäude befindet sich ein Teil der Königinnen-Aufzucht, die für die Bienenhaltung sehr wichtig ist. Sie ist der ganze Stolz des Bio-Imkers: «Ein Bienenvolk ist nur so gut und produktiv wie seine Königin», so Hunzinger. Deshalb hat er mit der eigenen Zucht begonnen und kann sicherstellen, dass seine Königinnen genau die Genetik haben, die er braucht: «Ein sanftes Gemüt ist mir wichtig, denn ich imkere ohne Bienenschutzanzug.» Ebenso soll das Volk nicht schwärmen, produktiv und gesund sein und keinen Wirrbau betreiben, denn er möchte saubere Waben. Die genaue Beobachtung des Bienenvolks ist also eine Grundvoraussetzung fürs Imkern und eine erfolgreiche Zucht. Dadurch kann der Bienenliebhaber auch mit den fleissigen Tieren kommunizieren: Er erkennt die Bedürfnisse seiner Völker und sieht schnell ob es ihnen gut geht oder ob sie vielleicht etwas brauchen. Hunzinger unterstützt die Bienen dabei, die besten Bedingungen für sie zu schaffen. «Wir pflegen die Bienenvölker so, dass sie sich optimal entwickeln können», erklärt der Imker. Denn nur gesunde Bienen nützen der Natur auch als Bestäuber.

Eigene Königinnen-Aufzucht
Eine gute Königin legt im Sommer bis zu 2000 Eier pro Tag – das ist etwa so viel wie ihr eigenes Körpergewicht. Hunzinger schmunzelt «Das kommt etwa der Leistung gleich, wie wenn eine Frau 10 Kinder oder mehr pro Tag auf die Welt bringen würde!» Hunzinger pflegt kleine Zuchtkasten. Pro Jahr züchtet er darin bis zu 300 Königinnen, wovon er die meisten für seine eigene Bienenvölker braucht, rund einen Viertel verkauft er. Von den besten Völkern werden Königinnen gezüchtet, die ein Tag vor dem Schlüpfen in kleine Zuchtkästchen gegeben werden, die dann auf einer Belegstation begattet werden. So kommt auch von der männlichen Seite nur die beste Genetik dazu.

Erleben Sie Bio-Imker Martin Hunzinger bei der Arbeit

Bio-Imkerei Hunzinger
Seit 2017 imkern die Hunzingers nach den Bio Knospe-Kriterien. Ihr Motto lautet: «Imkern im Einklang mit der Natur», Ziel ist eine behandlungsfeie Imkerei – ohne Säuren und Chemie im Kampf gegen die Varroamilbe. Die Hunzingers produzieren Sortenhonig: Heller, cremig gerührter Blütenhonig, goldener Akazien-, Kastanien- und Sommerhonig, dunkler, würziger Waldhonig und Spezialitäten wie Wabenhonig. Für den Bergblütenhonig wandern sie mit den Bienen bis zu 2000 Metern Höhe ins Greyez und Berner Oberland, für den Akazien- und Kastanienhonig bis ins Tessin.

Faszination Bienen
Für ein Kilogramm Honig leistet auch die Biene Enormes: Dafür fliegt sie etwa zweimal um die Erde. Martin Hunzinger ist bereits seit 40 Jahren von den Bienen begeistert. 20 Jahre lang betrieb er die Imkerei als Hobby, dann als Teilerwerb und seit neun Jahren zu 100% als Berufsimker. Davon gibt es in der Schweiz nicht viele. Denn wer allein vom Honig leben will, muss gut sein und viel produzieren. Die Hunzingers bieten daher verschiedenste Honigsorten an und fahren mit den Bienenvölkern bis ins Tessin. «Dort haben wir die besten Voraussetzungen, um Kastanien- und Akazienhonig zu erhalten.» Die Technik unterstützt ihn dabei: Ein Bienenkasten pro Standort stehe jeweils auf einer Waage, die Gewicht, Niederschlagsmenge und Temperatur messen kann. So erhält er einmal täglich einen Bericht. Dank den aktuellsten Werten kann er feststellen, was sich tut und ob es dem Volk weiterhin gut geht. Einen Bieneninspektor vor Ort kann Hunzinger hinzuziehen. So muss er dann doch nicht allzu oft hin- und herfahren.

Rund 200 Wirtschaftsvölker hat Martin Hunzinger. Fasziniert von seinen fleissigen Bienchen ist er wie am ersten Tag. «Mittlerweile habe ich 10 Millionen Tiere, alles fleissige Mitarbeiter, wenn man so will!», meint er lachend. Mehr Tiere als Einwohner in der Schweiz!

Vom Bienen- und Insektensterben
Die Bestäubungsleistung der Bienen ist unsere Lebensgrundlage. Das Bienen- und Insektensterben und der Verlust der Biodiversität sind Themen, die Hunzinger beschäftigen. Einstein warnte bereits 1949: «Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.» Hunzinger betrachtet seine Bienen bewusst als wichtigen Teil des Ökosystems.

Was bedeutet eigentlich «biologischer Honig?»
«Korrekter wäre es, von einer biologisch geführten Imkerei zu sprechen», denn Bio-Imker haben strengere Vorgaben, so Hunzinger: Zum Beispiel müssen die Bienenkasten aus Holz sein und dürfen nicht – wie so oft üblich – aus Kunststoff bestehen. Die Bienen dürfen zur Bekämpfung der Vorroamilbe, des grössten Schädlings fürs Bienenvolk, nur mit natürlichen Säuren behandelt werden und der Flugradius der Bienen muss zu mindestens 50% auf unbehandelten, nicht gespritzten Flächen liegen. Denn Rückstände im Honig lassen sich am besten vermeiden, indem die Bienen über eine pestizidfreie Natur fliegen. «Dies wird durch Kontrollen überprüft. Besonders bei Wald- oder Bergblütenhonig ist dies einfacher», Hunzinger wählt aber alle Standorte der Bienenvölker mit Bedacht aus.

Honeymoon, die beste Honigsaison aller Zeiten
Ein ganz besonderes Honig-Erlebnis bot sich den Hunzingers vor 26 Jahren nach der Hochzeit von Martin und Kornelia. «Ich war noch im Militär und habe kurz vor unserer Hochzeitsreise die Bienenkästen aufgestellt. Als wir zurück waren, gab es so viel Honig wie noch nie zuvor: 2300 kg – und damals waren es erst 25 Bienenvölker». Die Hochzeitsreise war wortwörtlich ein wahrhaftiger Honeymoon – wie man so schön sagt. Und Glück hat er der Familie gebracht: Denn Hunzingers sind mittlerweile eine grosse Familie mit 4 Töchtern und einem Sohn, sie helfen nach Möglichkeit in der Imkerei mit. Sohn Boas will das Familienunternehmen übernehmen und baut das Fachwissen rund um Bienen und das Imkern auf. Lernen kann er von einem wahren Experten und echten Bienenliebhaber!

Redaktion und Fotos: Maya Frommelt, Video: Luc Kämpfen

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