«Wir arbeiten intensiv daran, ganze Wertschöpfungsketten nachhaltiger zu gestalten und auf Bio umzustellen.»

06. April 2022

Welche Entwicklung hat die Bio-Branche im vergangenen Jahr besonders geprägt und welche Herausforderungen oder Chancen gibt es am Markt? David Herrmann, Verantwortlicher Medienstelle Bio Suisse, im Gespräch mit Balz Strasser, Geschäftsführer Bio Suisse, und Urs Brändli, Präsident Bio Suisse, anlässlich der Jahresmedienkonferenz am 6. April 2022 in Giffers (FR).

Was war 2021 bei Bio Suisse Ihr Highlight, Balz Strasser? 

Balz Strasser: Speziell gefreut hat mich die Vereinbarung, die wir letztes Jahr mit Migros haben treffen können. Migros setzt ab 2022 bei Bio auf die Knospe. Dieser Markteintritt wird dem Biolandbau in der Schweiz nochmals einen Schub geben, davon bin ich überzeugt. Und natürlich, dass Bio weiterhin sehr gefragt ist. Der Umsatz mit Bio-Produkten erreichte letztes Jahr erstmals 4 Milliarden Franken.

Können Sie uns verraten, welche Bio-Produkte sich am besten verkaufen

Das sind Eier, Brot und Gemüse. Hier liegen wir bei einem Marktanteil von jeweils 24 Prozent und höher.

Und die Bio-Bäuerinnen und -Bauern? Wie ist es denen gegangen? 

Urs Brändli: Corona hat die Menschen auf dem Land weniger eingeschränkt als in urbanen Regionen. Allerdings hatte die gesamte Landwirtschaft mit der nassen Witterung zu kämpfen. Hagelzüge haben vielen Kulturen arg zugesetzt, bis zum Totalausfall. Die Stimmung im Verband ist aber sehr positiv und zukunftsgerichtet. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass wir dem Kükentöten ein Ende setzen werden. Ab 2026 dürfen keine männlichen Küken mehr getötet werden. Hier wollen wir langfristig auf das Zweinutzungshuhn setzen.

Aktuell haben wir in der Schweiz 7‘500 zertifizierte Knospe-Betriebe, das ist nur ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Nächstes Jahr, so hoffe ich, werden es wieder mehr Umsteller sein. Bio ist gefragt am Markt. Wir suchen im Moment Produzent:innen in den Bereichen Rindfleisch und Ackerkulturen, zum Beispiel Sonnenblumen, Weizen, Eiweiss- oder Zuckerkulturen.

Woher kommt dieses Wachstum?  

Balz Strasser: Einerseits vom Markt. Zum Beispiel spüren auch wir den Trend zur vegetarischen und veganen Ernährung. Auch beim Konsum von Frischfleisch setzen immer mehr Menschen auf Bio. Zudem arbeiten wir intensiv daran, ganze Wertschöpfungsketten nachhaltiger zu gestalten und auf Bio umzustellen. Dass dies klappen kann, zeigt sich beim Brotgetreide oder beim Zucker. Hier macht die ganze Branche mit, um mehr Schweiz in die Knospe-Produkte zu bringen.  

In den vergangenen zwei Jahren haben wir an dieser Stelle jeweils über unsere Offensive in der Gemeinschaftsverpflegung gesprochen. Hier hat die öffentliche Hand als Einkäuferin einen grossen Einfluss.  

Balz Strasser: Ja, in diesem Bereich trägt unsere Arbeit Früchte. In den Städten Biel, Bern, Chur, Genf, Delémont und auch in der Zentralschweiz sind wir in der Planungsphase. Mit Fourchette Verte besteht zudem eine Partnerschaft. Hier handelt es sich um ein Qualitätslabel für Restaurantbetriebe, die gesunde Ernährung fördern. Wir sprechen von 1'600 Betrieben und rechnen damit, dass zu Beginn täglich rund 20‘000 Bio-Essen serviert werden. Das wird positive Auswirkungen auf alle haben.  

Sie haben mehrmals über die Produzentenpreise gesprochen. Wie sehen Sie eine langfristige Entwicklung? Kommen die Preise unter Druck? 

Urs Brändli: Bio muss sich für alle lohnen. Es ist die Aufgabe von Bio Suisse, Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht zu halten, damit unsere Produzenten und Produzentinnen gut wirtschaften können.  

Es ist unsere Aufgabe, zu zeigen, warum höhere Produzentenpreise gerechtfertigt sind. Die Frage «Was ist Bio wert?» wird uns in diesem Jahr sehr beschäftigen. Und wir müssen dies den Konsumentinnen und Konsumenten kommunizieren, damit sie dies nachvollziehen können.

Interview: David Hermann mit Balz Strasser und Urs Brändli, Fotos: Jorma Müller, Archiv Bio Suisse

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