«Rasendünger kann man sich sparen»

15. Mai 2023

Daniel Düsentrieb hätte an Herbert Schär seine wahre Freude. Denn der Landwirt aus Amriswil TG tüftelt für sein Leben gern. Seine Leidenschaft gilt der schonenden Bodenpflege – und dafür braucht es spezielle Methoden und Maschinen. Der Thurgauer erzählt, wie er seinen Boden lebendig hält und wie eine Rasenpflege ganz ohne Chemie gelingt.

Wie sind Sie zum Boden-Experten geworden?

Ende der 1990er Jahre habe ich mit dem pfluglosen Bio-Ackerbau begonnen. Seitdem habe ich durch Kurse, Fachartikel und vor allem durch praktische Arbeit weiter dazugelernt. Daraus ist dann mein heutiges Anbausystem hervorgegangen. 

Herbert Schär
Herbert Schär verzichtet auf den Einsatz chemischer Hilfsmittel.
(Bio Suisse)

Auf was verzichten Sie im Vergleich zu einem konventionell arbeitenden Landwirt?

Als Bio-Landwirt verzichte ich auf bestimmte Hilfsstoffe, die in der konventionellen Landwirtschaft verwendet werden. Dadurch generiere ich zwar einen tieferen Ertrag, aber auf die Umwelt wirkt sich das positiv aus. Gülle ersetze ich grösstenteils mit Kompost vom eigenem Hof. Ein konventioneller Pflug kommt bei mir auch nicht zum Einsatz. Auf eine ganzflächige tiefe Lockerung verzichte ich. Stattdessen habe ich einen Pflug zu einem Flachpflug umgebaut, der meine Bodenbearbeitung nicht zerstört.

Sie verwenden Maschinen, die speziell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Warum?

In meinem System geht es darum, dass von den verfügbaren Nährstoffen möglichst viel in den Pflanzen bleibt. Da geht es hauptsächlich um Stickstoff. Jede Massnahme in der Bewirtschaftung hat Auswirkungen. Jede Überfahrt hat Auswirkungen – besonders in Ackerfeldern, deren Böden gelockert wurden. So wird viel Stickstoff freigesetzt. Falls der nicht im Übermass vorhanden ist, fehlt dieser zur Ernährung der Kulturpflanzen und belastet zusätzlich die Umwelt. Meine Maschinen sind für den flachen Einsatz (max. 10 cm tiefe) konzipiert. So binde ich den Stickstoff grösstenteils im Boden.

Haferfeld
Ein Haferfeld im Juni auf dem Hof von Herbert Schär
(Herbert Schär)

Kein Pflug, keine Chemie – wie funktioniert denn das Anbausystem?

Um das pfluglose Anbausystem ohne Herbizide erfolgreich zu betreiben, werden Sommer- und Winterkulturen abwechselnd angebaut. Die Kulturfolge ist so gewählt, dass die Vorkultur der Nachkultur das liefert, was ihr Gedeihen fördert, oder wenigstens nicht behindert. Die Kunstwiesenstreifen in den Feldern teilen diese in Kulturblöcke auf. Sie sind mit schweren Maschinen wie dem Kompoststreuer befahrbar, von wo aus die Kulturblöcke bedient werden können.

Schlagen wir einmal eine Brücke vom Feld zum Rasen, wie man ihn aus dem Garten kennt. Ist ein Rasen eine gute Sache?

Rasen ist eigentlich eine ökologische Katastrophe. Lebensvielfalt hat darauf keinen Platz und es wird viel Stickstoff und CO2 freigesetzt. Ausserdem braucht das Rasenmähen relativ viel Energie, egal ob das der Mähroboter übernimmt oder ein Rasenmäher eingesetzt wird.

«Rasen ist eigentlich eine ökologische Katastrophe»

Wenn der Rasen aber nunmal da ist. Wie kann man ihn bestmöglich pflegen?

Nur die benutzte Fläche sollte geschnitten werden. Das Rasenschnittgut kann als Dünger für die Kulturen mit Bedarf in den Gartenbeeten verwendet werden oder man packt es zum Kompost. In den Kehricht zum Verbrennen gehört es nicht. Die Fläche, welche nicht als Rasen gebraucht wird, bietet sich als Blumenwiese an. Die Farbenpracht der Blumen und das Summen und Zirpen der Insekten können das Grundstück zu einem kleinen Paradies machen. Wenn sich Bäume und Sträucher darin befinden, nisten dort sicher auch Singvögel. Rasen und Blumenwiese können sich so ergänzen.

Welche Fehler sollten bei der Rasenpflege unbedingt vermieden werden?

Wer Ressourcen schonen will, spart sich das Geld für Rasendünger und lässt ab und zu den Rasenschnitt als Dünger liegen. Und: Es ist wirkungsvoller bei bewölktem Himmel vor einem Regen zu mähen, weil dann weniger Pflanzensaft verdunstet. So geht weniger Stickstoff in die Luft und nutzt der Düngung des Rasens.

«Wer Ressourcen schonen will, spart sich das Geld für Rasendünger und lässt ab und zu den Rasenschnitt als Dünger liegen»

Kommen wir noch einmal kurz zu Ihrem Hof zurück. Sie gehen bald in Pension. Wer kümmert sich dann um den Boden und was werden Sie machen?

Als bald 64-Jähriger freut es mich, dass mein Sohn Markus und seine Frau Lilly den Hof übernehmen werden. Ich bleibe aber auf dem Hof, wenn auch mit reduziertem Pensum. Markus teilt meine Ausrichtung. Der Boden ist mehr als nur Produktionsstandort. Der Boden ist Erde und damit der Raum, in dem es nur so wimmelt an Kleintieren, Pilzen und weiteren Mikroben. Diese bereiten die Nährstoffe für unsere Speise- und Futterpflanzen auf. Von der Erde sind wir genommen, es ist uns gegeben davon zu leben und zu Erde werden wir wieder.

Text und Bilder: Oliver Roscher

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