Hans-Ulrich Müller: ­­«Biogemüsebau wird 2035 Standard sein in der Schweiz»

07. Februar 2017





Knospe-Gemüsebauer Hans-Ulrich Müller aus Bibern SO schätzt die Direktvermarktung für sein breites Wintergemüseangebot. Welche Vorteile ein Biogemüse-Abo für seinen Betrieb und die Konsumentinnen und Konsumenten mit sich bringt, verrät er im Interview.

Herr Müller, seit wann sind Sie Knospe-Bauer und auf wie viel Hektar bauen Sie Gemüse an?

Ich bin Knospe-Bauer seit dem 1. Januar 1995. Die Gesamtbetriebsfläche liegt zurzeit bei 30 Hektar (ha), aber die Grösse verändert sich laufend. Dies weil bei anderen Biobauern in der Umgebung Flächen für sogenannte Herbstpacht zu-gemietet werden. Zusammen mit einem Kollegen, auch Knospe-Bauer, bilde ich eine Fruchtfolgegemeinschaft. Ein Umtrieb dauert 6 Jahre. Vier Jahre davon werden Gemüse und Kartoffeln angebaut, zwei Jahre Kleegras, welches er für seine Milchwirtschaft braucht. Diese Gemeinschaft bilden wir seit dem Jahr 2000.

Welche Gemüse bieten Sie in der kalten Jahreszeit an?

Gerade haben wir bei uns im Lager Chinakohl, Zuckerhut, Ciccorino rot und grün, Karotten, Randen, Zwiebeln und Kartoffeln. Der Kabis ist hingegen schon ausverkauft für diese Saison. Das einzige, was wir noch auf dem Feld haben, sind Rosenkohl, Wirz und etwas Federkohl. Mit dem Biogemüse-Abo, das unter der Leitung meines Sohnes Niklaus steht, versuchen wir, zusammen mit der Familie Otti aus Oberwil, alle Gemüsesorten abzudecken. Für die Konsumenten möchten wir ein besonders attraktives Angebot bereitstellen. Fehlende Produkte kaufen wir zu. Das Ziel ist, die ganze Vielfalt von Wintergemüse zu liefern, aber die Zusammenstellung im Korb variiert jedes Mal.


Nun muss man nur noch kreativ genug sein, um auch abwechslungsreiche Gerichte mit der gelieferten Ware zuzubereiten…

Ja, das kann manchmal eine Herausforderung sein. Glücklicherweise ist meine Tochter Köchin und sie kreiert für das Biogemüse-Abo Rezepte. Alle paar Wochen liefern wir eines mit. Gerade letztens hat Sie gezeigt, wie man Rosenkohl anders zubereiten kann, als ihn bloss aus dem kochenden Wasser zu ziehen.


Pflanzen Sie auch alte Sorten an?

Wir haben einmal einen Versuch gestartet, alte Sorten anzubauen. Da waren Fenchel und Wirz von Pro Specie Rara dabei. Aber diese Sorten funktionieren meiner Meinung nach einfach nicht gut. Erstens ist abgesehen von einigen Tomatensorten zu wenig Nachfrage für die Produkte da. Zweitens haben sie Eigenschaften, die suboptimal sind.


Zum Beispiel?

Der Wirz beispielsweise war schlecht lagerfähig, er begann schnell zu faulen. Ab November war Schluss mit dem Gemüse. Der Fenchel wiederum war einfach nicht wirklich geniessbar. Er war extrem zäh. Alles in allem ist der Anbau solcher Sorten finanziell nicht rentabel und wir möchten mit unserem Betrieb doch auch Geld verdienen. Manchmal kommt es mir in der Bio-Szene so vor, als sei der Wunsch danach verpönt. Aber es ist keine Schande, Geld verdienen zu wollen. Wir sind Teil einer realen Wirtschaft und das verlangt von einem Betrieb nun einmal Wirtschaftlichkeit.


Das mit dem Lagern von Gemüse ist auch so eine Sache. Kartoffeln und Zwiebeln beginnen oft zu spriessen. Haben Sie Tipps, wie sich Gemüse zuhause am besten lagern lassen?

Es ist fast unmöglich, Gemüse und Kartoffeln zuhause länger als eine Woche gut zu lagern. Am besten sind kühle, feuchte Orte, aber die gibt es selten in normalen Wohnungen. Man muss für die Lagerung sozusagen den Winter simulieren. Gemüse spriesst, weil es in der Wohnung zu warm ist. Mit einem Gemüse-Abo werden kleine Mengen geliefert. Ausserdem wurde es fachgerecht gelagert oder frisch geerntet und ist somit bei jeder Lieferung in einem top Zustand. Und wenn von der letzten Lieferung noch zu viel übrig ist kann man bei unserem Abo mit einem Mausklick pausieren.


Das Biogemüse-Abo ist ein neuer Bestandteil ihres Angebots. Welche Vorteile verschafft Ihnen die Direktvermarktung?

Wir sind mit unseren Produkten nie auf Märkte gegangen. Von Beginn an haben wir Grossverteiler beliefert. Die Jungen in der Landwirtschaftsszene haben die Direktvermarktung jetzt wiederentdeckt. Wenn die Organisation Klasse ist, dann zieht man aus dem Angebot eine gewisse Wertschöpfung. Wenn du Teil einer normalen Vermarktung bist, dann bist du eigentlich nur noch ein Lieferant von billigen Rohstoffen. Wenn man die Vermarktung in die eigenen Hände nimmt, wie wir jetzt mit dem Gemüse-Abo, kann die Ware relativ günstig fertig gerüstet geliefert werden.


Können Sie mehr zu der Wertschöpfung sagen?

Bei der Direktvermarktung entfallen ein paar Schritte zwischen Produzent und Konsument, z.B. die Wegstrecke vom Betrieb zum Grossverteiler. Mit der Wertschöpfung, die dabei entsteht, kann in positive Dinge investiert werden.


Zum Beispiel…?

Wir haben die Möglichkeit, gute, faire Löhne zu bezahlen. Man weiss, dass wirklich jeder Kilometer, jede Stunde und alles bezahlt sind und es bleibt trotzdem eine gute Marge. Im Grossen und Ganzen ist der hohe Selbstbestimmungsfaktor ein toller Vorteil der Direktvermarktung. Zusätzlich bietet die Organisation des Gemüse-Abos eine Beschäftigung für die eher ruhige Wintersaison.


Wo sehen Sie den Biogemüsebau in der Schweiz im Jahr 2035?

Der Biogemüsebau wird Standard sein in der Schweiz. Dies zeichnet sich jetzt schon ab: einerseits durch die Nachfrage der Konsumenten nach weniger Schadstoffen in ihren Lebensmitteln, andererseits dadurch, dass für den konventionellen Anbau immer mehr Mittel verboten werden. Biogemüsebau funktioniert ja auch gut. Im Seeland beispielsweise gibt es konventionelle Betriebe, die im Lauchanbau zweimal die Woche chemisch-synthetische Mittel sprühen. Die Biobauern hingegen verwenden Steinmehl und ihr Lauch wird schöner als der, der mit konventionellen Mitteln behandelt wurde.


Hier geht es zur Website von Hans-Ulrich Müller: www.biogmues-abo.ch








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