«Bio ist kein Nischenprodukt mehr»

04. April 2023

Bio Suisse stellte anlässlich der Jahresmedienkonferenz die wichtigsten Zahlen zur Bio-Entwicklung in der Schweiz vor. In einem insgesamt schrumpfenden Lebensmittelmarkt konnte Bio zulegen. Wir haben mit Geschäftsführer Balz Strasser über die wichtigsten Zahlen und Themen aus dem letzten Jahr gesprochen.

Jedes Jahr im April zieht Bio Suisse Bilanz. Wie geht es Bio in der Schweiz. Das lässt sich an drei Kennzahlen ablesen. Der Anzahl Bio-Betriebe, dem Marktanteil von Bio und dem Bio-Umsatz. Balz Strasser, wie fällt die Bilanz denn aus? Fangen wir bei den Betrieben an.  

Dieses Jahr arbeiten 7560 Betriebe nach den Richtlinien der Knospe und bewirtschaften 187’090 Hektaren Landwirtschaftsland auf biologische Weise. Das entspricht einem Anteil von 18 Prozent.

Und der Umsatz?  

Es ist ja mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass im letzten Jahr der Detailhandel weniger Umsatz gemacht hat. Das hat sehr viel mit Corona zu tun. Während der heissen Phase der Pandemie haben wir alle viel mehr daheim gekocht und deshalb auch mehr eingekauft. Diese Sondereffekte fallen jetzt weg und das spüren auch wir im Bio-Umsatz. Dieser hat leicht abgenommen und liegt neu bei rund 3.8 Milliarden Franken.

Und zuletzt noch der Marktanteil von Bio. Dieser lag 2022 bei 11,2 Prozent. Das ist nur ein leichtes Wachstum und trotzdem bin ich stolz darauf.

Balz Strasser
Balz Strasser ist seit 2018 Geschäftsführer von Bio Suisse.
(Foto: Jorma Müller)

Warum stolz?

Weil diese Zahl viel über unsere Arbeit aussagt. Vor zwei Jahren hatten wir ein Wachstum von 20 Prozent. Das ist enorm! Niemand wäre uns böse gewesen, wenn nach Corona dieser Boom sich wieder nach unten korrigiert hätte. Doch das Gegenteil ist passiert: Wir konnten den langfristigen Trend bestätigen. Bio kennt keine Krise.

Wie hat sich denn der Schweizer Bio-Markt entwickelt? Stichwort Bio-Läden?  

Der Konkurs des Reformhaus Müller Anfang Jahr hat eine Entwicklung sichtbar gemacht, die schon längere Zeit läuft. Am Anfang der Bio-Bewegung waren die Bäuerinnen und Bauern auf die kleinen Bio-Läden angewiesen, um ihre Produkte loszuwerden. Vor 30 Jahren ist dann Coop eingestiegen und hat mitgeholfen, Bio in der Schweiz nach vorne zu bringen. Heute ist Bio kein Nischenprodukt mehr, sondern mitten in der Gesellschaft angekommen.  

In Deutschland kann man eine Abwanderung der Bio-Konsument:innen zu den Discountern feststellen. Aldi hat ja letztes Jahr ein neues Bio-Label lanciert. Spürt Bio Suisse die Entwicklung auch in der Schweiz?  

Der übrige Detailhandel – und dazu zählen auch Aldi und Lidl – hat den Bio-Umsatz um mehr als 150 Millionen gesteigert seit 2019. Letztes Jahr konnte dieses Segment nochmals um 2 Prozent zulegen. Das ist eine Erfolgsgeschichte.

Heute ist Bio kein Nischenprodukt mehr, sondern mitten in der Gesellschaft angekommen. 

Wenn wir die Zahlen weiter analysieren, fällt auf, dass nicht nur der Fachhandel nachgelassen hat, sondern auch die Direktvermarktung ist markant zurückgegangen. Woran liegt das?  

Wir teilen das Schicksal des Detailhandels. Die Menschen gehen wieder ins Büro, essen wieder mehr auswärts und kaufen auch wieder mehr im Ausland ein. Das sind alles Faktoren, die zu diesem Rückgang beigetragen haben. Wenn man aber genau hinschaut, liegt das Niveau 2022 über jenem von 2019 – und das ist für mich entscheidend. Wir konnten weiter wachsen – auch in der Direktvermarktung.  

INTERVIEW: DAVID HERMANN MIT BALZ STRASSER, FOTOS: JORMA MÜLLER, Michèle Hürner/Bio Suisse

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