Neue Richtlinien seit 2022: «Schweizer Bio-Milch entspricht höchsten Ansprüchen»

03. März 2022

Wieso ist Schweizer Bio-Milch so hochwertig? Welche Aspekte in punkto Nachhaltigkeit und Tierwohl kommen bei Bio Suisse zum Tragen? Und welche Richtlinienverschärfungen gelten seit Beginn des Jahres 2022? Produktmanager für Bio-Milch Andreas Bisig gibt Auskunft über den Schweizer Milchmarkt.

Milch ist nicht gleich Milch. Ob man ein Glas Schweizer Bio-Knospe Milch, konventionelle- oder EU-Bio Milch trinkt, hat grosse Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette, auf das Tierwohl und die Nachhaltigkeit.

Andreas Bisig, wieso ist Schweizer Bio-Milch so hochwertig?

Wenn man zu Schweizer Bio-Milch greift, kann man sich sicher sein, ein standortgerechtes Produkt zu kaufen. Da steckt zu 100% Schweiz drin! Dank den neuen, einzigartig strengen Richtlinien können wir bei Schweizer Bio-Milch von geschlossenen Kreisläufen sprechen – ein wichtiger Punkt, wenn man auf Nachhaltigkeit achten möchte.

Was hat sich in den Richtlinien für Schweizer Bio-Milch genau geändert?

Seit Anfang Jahr sind die neuen Richtlinien in Kraft, die eine Verschärfung der Fütterung bei Wiederkäuern beinhalten. Der erlaubte Kraftfutteranteil bei Wiederkäuern wurde von 10% auf 5% gesenkt. Dies gilt nur für die Schweizer Bio-Branche und ist um ein Vielfaches strenger als bei EU-Bio-Milch, wo tatsächlich 40% Kraftfutter erlaubt sind. Zudem muss in der Schweiz das gesamte Futter für Wiederkäuer zu 100% Schweizer Knospe Futter sein. Eiweissreiches Kraftfutter wie Soja stammt zu einem grossen Teil aus dem Ausland. Die Zufuhr von ausländischem Kraftfutter war uns als Bio-Verband ein Dorn im Auge. Der Abstand von Bio zu konventioneller Milch ist mit diesen neuen Richtlinien deutlich grösser geworden.

Euter-Kuh im Gras

Inwiefern hat dies Auswirkung auf den Schweizer Bio-Milchmarkt?

Durch den geringen Anteil an Kraftfutter werden die Kühe auch etwas weniger Milch geben. Zusammen mit der Branche konnten wir den Preis für die Produzentenschaft für Bio-Milch um 4 Rappen für Silomilch und 5 Rappen für silofreie Milch erhöhen. Der höhere Produzentenpreis ist eine Kompensation und eine Wertschätzung für den Mehraufwand bei gleichzeitig verminderter Milchleistung. Je nach Betrieb sind die Auswirkungen der neuen Richtlinien unterschiedlich gross. Standort, Topografie und Betriebsstrategie beeinflussen die Fütterung der Kühe. Die Nachfrage und das Angebot sind zurzeit ausgeglichen. Eventuell führen die verschärften Richtlinien dazu, dass weniger Höfe auf Bio umstellen werden, da die Schweizer Bio-Milchproduktion anspruchsvoller geworden ist.

Fakten zum Milchmarkt Schweiz

  •  14% der Schweizer Kühe sind Bio, die meisten in Bern, Graubünden und St. Gallen. Insgesamt gibt es circa 60.000 Bio-Kühe in der Schweiz
  • Milchleistung pro Kuh: 5000-8000 Liter Milch pro Jahr und Kuh. Hier gibt es grosse Schwankungen, gerade in der Bio-Branche ist die Milchleistung tendenziell etwas geringer. Konventionelle Betriebe produzieren mit weniger Kühen mehr Milch.
  • Bei Bio Suisse sind rund 3333 Bio-Betriebe mit Milchwirtschaft registriert
  • Die Milchproduktion beträgt 3405 Millionen Kilo, der Bio-Anteil macht 8,5% der gesamten Milchproduktion aus und damit 288 Millionen Kilo.
  • Pro Jahr werden 46.8 Tonnen Butter hergestellt,  pro Kopf beträgt der Konsum rund 5.3kg / Jahr

Alle Daten beziehen sich auf das Jahr 2021.

Welches eindrückliche Erlebnis im Bereich der Bio-Milchwirtschaft hat Sie bisher geprägt?

Es ist eindrücklich zu sehen, wie professionell Bio-Produzent:innen ihren Hof führen. Die Innovationskraft mancher Betriebe ist hoch ebenso wie die eingesetzte Technik, wenn bereits Melkroboter bei mittelgrossen Betrieben zum Einsatz kommen. Insgesamt hat mich mein Beruf bei Bio Suisse auch wieder näher an meine Wurzeln gebracht. Ich bin auf einem Milchbetrieb aufgewachsen. Heute führe ich wieder sehr viele Diskussionen über die Milch- und Landwirtschaft. Der Austausch mit meiner Familie und Bekannten ist eine Bereicherung.

Kühe-Schweizer Futter

Was möchten Sie gerne unseren Konsumentinnen und Konsumenten mitzuteilen?

Milchprodukte werden oft pauschal als nicht nachhaltig und klimaschädigend gestempelt. Mir ist es wichtig zu betonen, dass die Kuh zur Pflege der vielfältigen Kulturlandschaft in der Schweiz eine zentrale Rolle spielt. Die Nutzung unseres Graslandes durch Wiederkäuer ist sinnvoll. Für eine nachhaltige Landwirtschaft in der Schweiz braucht es ebenso Wiederkäuer wie vielfältige Getreide-, Acker- und Obstkulturen.  Eine standortangepasste Milchproduktion, mit nur so vielen Tieren, wie es auch eigene Futtermittel gibt, sorgt für geschlossenen Kreisläufe. Mit den angepassten Richtlinien von Bio Suisse kommen wir diesem Ideal sehr nahe.

Zur Person

Andreas Bisig arbeitet seit 2020 als Produktmanager für Milch bei Bio Suisse. Er ist auf einem IP-Suisse Milchwirtschaftsbetrieb im Kanton St.Gallen aufgewachsen und hat ein Wirtschaftsstudium absolviert. Er schloss die Universität St.Gallen mit einem Master-Abschluss in Unternehmensführung ab. Der 27-Jährige engagiert sich politisch für die Grünliberalen und ist seit 2020 im St.Galler Kantonsrat.

Interview: Maya Frommelt mit Andreas Bisig, Fotos: Archiv Bio Suisse

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