Nach dem Ei das Suppenhuhn

08. April 2020



Das Huhn ist ein ziemlich geniales Tier: Es versorgt uns Menschen gleichzeitig mit Eiern und Fleisch. Theoretisch – denn die Zeiten des «Zweinutzungshuhns» sind passé, heute werden Lege- und Masthühner aus Wirtschaftlichkeitsgründen getrennt gezüchtet.


Folgender Text stammt aus dem Buch «Zu Tisch» der Autorin, Köchin und Designerin Anne Pearson.

Legehennen sind dazu da, möglichst viele möglichst grosse Eier zu legen. Ihre Brüste sind zwar nicht von schlechter Qualität, wirtschaftlich aber uninteressant, weil sie schlicht zu hühnerbrüstig gebaut sind. Aus diesem Grund gibt es für die männlichen Geschwister der Legehennen keinerlei Verwendung und so werden diese gleich nach dem Schlüpfen getötet. In der Schweiz sind das rund 2 Millionen Küken pro Jahr, die zuerst ausgebrütet und danach, sobald das Geschlecht bestimmt werden kann, vergast werden. (Anmerkung der Redaktion: Bio Suisse möchte dem Töten der männlichen Küken ein Ende setzen und arbeitet auf verschiedenen Ebenen an möglichen Lösungen. Das braucht Zeit. Bis es soweit ist, lesen Sie hier unsere ausführliche Stellungsnahme zum Thema: https://www.bio-suisse.ch/media/Ueberuns/UnsereMeinungzu/d_meinung_kkentten.pdf) Im Alter von 12 bis 15 Monaten wird die Legehenne aufgrund nachlassender Legeleistung wirtschaftlich ebenfalls uninteressant. Und so werden in der Schweiz jährlich rund 1,7 Millionen Legehennen «entsorgt».

Früher gönnte man der nicht mehr gar so legefreudigen Henne einen Abgang in Ehren und bereitete ihr als Suppenhuhn ein würdiges Ende. Würde jede Familie einmal im Jahr ein Suppenhuhn essen, wäre das Problem der Althennen (eine absurde Bezeichnung für ein etwa 15 Monate altes Huhn, dessen Lebenserwartung bei über zehn Jahren liegt) bereits gelöst.

Deshalb möchte ich hier ein Plädoyer für das Suppenhuhn halten, und zwar in Form eines Verwendungsvorschlags, der ganz dem Prinzip «Zweinutzung» entspricht: Zuerst wird das ganze Suppenhuhn ausgekocht, wodurch eine gesunde und schmackhafte Hühnerbouillon entsteht. Danach wird aus dem Fleisch ein piemontesisches Gericht zubereitet, das sich Tonno di Gallina nennt, also so ungefähr «Thunfisch von der Henne». In Würde lebe und sterbe das (Suppen-)Huhn! Suppenhühner bekommt man in einigen guten Metzgereien und zum Teil tiefgefroren im Supermarkt.

Hühnerbouillon und Tonno di Gallina


Für die Hühnerbouillon das ganze Huhn mit in Stücken geschnittenem Gemüse (Zwiebel, Rüebli, Stangensellerie, Lauch) und ein paar Kräutern und Gewürzen (Lorbeer, Thymian, Salbei, Pfefferkörner) in kaltem, leicht gesalzenem Wasser ansetzen und am Siedepunkt 1 bis 2 Stunden köcheln. Das Huhn aus der Pfanne nehmen, die Bouillon durch ein Sieb abgiessen und mit Salz abschmecken. Dieses Süppchen – das so gar nichts mit einer herkömmlichen Würfelbouillon gemein hat – kann gleich als solches genossen, für den ultimativen Risotto weiterverwendet oder für den späteren Gebrauch eingefroren werden.

Für den Tonno di Gallina das Fleisch des abgekühlten Huhns von den Knochen lösen und in Stücke zupfen, die – der Name sagts – optisch an Thunfischstücke erinnern. Das Fleisch mit in Streifen geschnittenem Salbei, Knoblauchscheiben, schwarzem Pfeffer und etwas Salz schichtweise in sterile Einmachgläser füllen, am Schluss alles mit Olivenöl übergiessen. Ein paar Tage durchziehen lassen, bis sich die Aromen verbunden haben; der Tonno di Gallina hält sich so konserviert aber auch mehrere Wochen. Serviert wird das Huhn zum Beispiel mit geröstetem Brot oder als Salat, sehr gut schmeckt es auch bestreut mit Granatapfelkernen und grob gehackten Pistazien.

Bezugsquellen von Hennenfleisch für Suppenhuhn-Rezepte



Hier finden Sie eine Liste mit allen Bio-Höfen, auf denen Sie Suppenhühnern direkt kaufen können. Wenn in Ihrer Nähe kein Betrieb aufgeführt ist, bietet der Webshop von Gallina unter dem Label «Henne und Hahn» nicht nur Suppenhühner, sondern auch verschiedene Produkte aus dem Fleisch der Hennen und ihrer Brüder.
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