Grossraubtiere und Bio-Landwirtschaft

Viele Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern sind beunruhigt über die schnell wachsende Wolfspopulation. Nach der Ablehnung des Jagdgesetzes 2020 wünschen sie mehr Möglichkeiten zum Eingreifen. Nun wurde das Gesetz erneut überarbeitet. Ist nun der Schutz von Mensch, Tier und Natur in einem guten Gleichgewicht?

Die Grossraubtiere (Wolf, Luchs und Bär) waren einst in der Schweiz weit verbreitet und Bestandteil des Ökosystems. Sie wurden im 19. Jahrhundert in der Schweiz ausgerottet.

Die Berner Konvention von 1982 verpflichtete die Schweiz

  • wildlebende Pflanzen und Tiere sowie ihre natürlichen Lebensräume zu erhalten.
  • insbesondere die Arten und Lebensräume, deren Schutz die Zusammenarbeit mehrerer Staaten erfordert
  • eine solche Zusammenarbeit zu fördern.
  • gegenüber gefährdeten und empfindlichen Arten besonders aufmerksam zu sein.

Das Jagdgesetz von 1986 nahm diese Anliegen für die Grossraubtiere auf. Es wurde seinerzeit mit überwältigendem Mehr angenommen. «Schutz, Regulierung, Jagd» hat sich als Konzept bewährt.

Die Grossraubtiere sind dank des gesetzlichen Schutzes wieder in die Schweiz eingewandert. Der Luchs hat sich integriert, der Bär besucht aus dem Trentino ab und zu die Schweiz. Sie sind derzeit unproblematisch.

Der Wolf wanderte aus Italien und Frankreich ein und pflanzte sich ab 2012 auch in der Schweiz fort. Ende 2022 waren 150 bis 200 Tiere in rund 25 Rudeln unterwegs. Der Bestand nimmt immer noch rasch zu, nicht zuletzt, weil die Schweiz einen vergleichsweise dichten Schalenwildbestand aufweist.

Die direkten Schäden durch den Wolf an landwirtschaftlichen Nutztieren steigen stark an. Die Bewirtschaftung insbesondere des Sömmerungsgebiets («Alpen») wird immer schwieriger. Problemwölfe reissen nicht nur Schafe und Ziegen, sondern fallen vereinzelt auch Grossvieh an. Wölfe dürfen erst abgeschossen werden, wenn sie erheblichen Schaden angerichtet haben. Die Schäden werden zwar vergütet, aber keine Bäuerin und kein Bauer verliert gerne Tiere.

Die Schutzmassnahmen binden Kräfte, die die Betriebe lieber für Innovation und nachhaltige Bewirtschaftung einsetzen würden. Viele kommen dadurch an ihre physischen und psychischen Grenzen oder geben sogar auf.

Die Kantone sollen Wölfe «regulieren» (= abschiessen) dürfen. Die Regelung ist im Grundsatz gleich wie die zum Steinbock.

Wölfe dürfen neu auch präventiv abgeschossen werden, bevor sie konkrete Schäden angerichtet haben. Dieser Teil ist nicht kompatibel mit der Berner Konvention.

Die «Entfernung» (= Abschuss) ganzer Rudel ist in Ausnahmefällen möglich. Die Zustimmung des Bundes ist für alle Abschüsse erforderlich. Bedingungen sind:

  • Abschüsse müssen Schäden und Gefährdungen verhindern und dürfen die Population nicht gefährden.
  • Wolfsfreie Zonen sind nicht zulässig.
  • Wolfsabschüsse in Jagdbanngebieten sind verboten.

Der Vorstand von Bio Suisse möchte die durch den Wolf stark belasteten Betriebe unterstützen. Er erarbeitet mit seinen Gremien eine Haltung zu Grossraubtieren.

Dazu gehört, der Politik und den Konsument:innen die Notwendigkeit einer nachhaltigen Obergrenze und der aktiven Regulierung des Wolfs aus Sicht Bio Suisse zu erklären.

Eine Arbeitsgruppe hat dazu ein Positionspapier erarbeitet und im Herbst 2023 der Delegiertenversammlung vorgelegt.

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