Bio Suisse für vorsichtigen Weg punkto Gentechnik

Das EU-Parlament hat gestern eine Sonderregelung für sogenannte neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas geschaffen. Mit CRISPR/Cas & Co. manipulierte Pflanzen werden rechtlich weitgehend mit klassisch gezüchteten gleichgestellt. Sie müssen zukünftig nicht mehr auf Risiken geprüft werden. Die Bio-Branche läuft dagegen Sturm und verlangt Verbesserungen.

Mit einer eigenen Gesetzgebung für neue gentechnische Verfahren will das europäische Parlament einen klaren Entscheid des Europäischen Gerichtshofs [1] aushebeln. Dieser verlangte 2018 eine juristische Gleichbehandlung von alten und neuen Gentechniken, deren Risiken sich nicht unterscheiden würden. Nun sollen zwei Kategorien geschaffen werden. Die neuen Techniken wie CRISPR/Cas werden klassischen Techniken praktisch gleichgestellt (Kategorie 1). Darunter fallen rund 94 Prozent der aktuellen Kandidaten [2]. Für die restlichen 6 Prozent gelten die bisherigen strikten Regeln (Kategorie 2). Für Bio bleiben beide verboten.

Die Einteilung in alte und neue Gentechniken («nach 2002) macht dabei aus wissenschaftlicher Sicht wenig Sinn, wie das deutsche Bundesamt für Naturschutz [3] und die französische Agence nationale de sécurité sanitaire de l'alimentation, de l'environnement et du travail [4] festhalten.

Bio Suisse verlangt Wissenschaftlichkeit bei der Beurteilung und lehnt deshalb die Kategorisierung ab.

Bio will gentechfrei bleiben
Die neue Unterscheidung stellt die Biolandwirtschaft vor grosse Herausforderungen. Die Bio-Landwirtschaft wird weiterhin keinerlei gentechnisch veränderte Pflanzen einsetzen. Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen verteilen allerdings ihre Pollen über Kilometer auf andere Felder und verursachen gentechnisch veränderte Samen. Auch in der Lieferkette können Vermischungen stattfinden. Um die Wahlfreiheit weiterhin zu gewährleisten, müssen Lebensmittel durch Deklarations-, Rückverfolgbarkeits- und Koexistenz-Regeln geschützt werden.

Vorsichtiger Weg für die Schweiz ist möglich
Auch in der Schweiz besteht der politische Auftrag, die Produkte von neuen gentechnischen Verfahren erleichtert zuzulassen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf geht im Juni in die Vernehmlassung und wird sich an den EU-Ergebnissen orientieren. Der Bundesrat hat letzten Oktober einen vorsichtigen Weg skizziert [5], der den Bedenken der Produzent:innen und der Konsument:innen Rechnung tragen soll. Ein «Sonderfall Schweiz» ist möglich, weil kein bilateraler Vertrag im Bereich Gentechnik vorliegt. Das Verhandlungsmandat für den EU-Rahmenvertrag sieht zudem die Beibehaltung des GVO-Anbauverbots der Schweiz vor [6].

Forderungen Bio Suisse

  • Schutz der Lebensmittel, Wahlfreiheit: Unsere hochwertigen gentechnikfreien Schweizer Lebensmittel verdienen Schutz. Bäuer:innen und Konsument:innen müssen auch in Zukunft die Wahl haben, auf gentechnisch veränderte Pflanzen zu verzichten.
  • Kennzeichnungspflicht, Risikoprüfung sind wichtige Instrumente, um den Schutz von Mensch Tier und Umwelt sowie die Wahlfreiheit vom Feld bis auf den Teller sicherzustellen.
  • Patentverbot für GVO-Pflanzenzüchtungen: Die EU hat diesen Punkt überraschend klar aufgenommen. Die Schweiz sollte gleichziehen.
  • Beibehaltung des Schweizer Moratoriums: Die Schweiz verfügt mit ihrem vollständigen Verzicht über ein wertvolles Alleinstellungsmerkmal und sollte es auch mit Blick auf die Schweizer Kundenwünsche nicht weggeben. Aus Sicht Bio wäre dies bei weitem die beste Lösung.

Es bleibt nun abzuwarten, bis das letzte Wort in der EU gesprochen wird. Bis auf zwei Länder haben alle EU-Länder bisher auf den Einsatz von GVO verzichtet. Viele Länder wie Österreich oder die Slowakei werden im Ministerrat auf ihrem Recht auf Verzicht («Opt-Out») beharren. Bayern hat sogar ein Verbot in seiner Gesetzgebung verankert.

Im kommenden politischen Prozess in der Schweiz wird sich Bio Suisse vehement für das Recht auf gentechnikfreie Lebensmittel einsetzen. Dazu sucht sie das Gespräch mit Politik und Verwaltung und zieht auch Instrumente wie Referendum und Initiative in Betracht.

Quellen

Medienkontakt
Lukas Inderfurth, Medienstelle Bio Suisse
061 204 66 25, lukas.notexisting@nodomain.cominderfurth@bio-suisse.notexisting@nodomain.comch

8. Februar 2024
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